Fortbildung mit Dr. Heinz Pilartz bei Mediation fördern e.V.
Gesundheit und Krankheit greifen tief in familiäre und professionelle Beziehungen ein. Sie verändern Rollen, Erwartungen und Verantwortlichkeiten – und sie erzeugen Situationen, die ohne äußere Struktur oft kaum zu bewältigen sind. In einer vierstündigen Fortbildung gab Dr. Heinz Pilartz einen konzentrierten Einblick in dieses anspruchsvolle Feld und zeigte, welche besonderen Anforderungen an Mediator*innen entstehen.
1. Wie Krankheit den Mediationsprozess beeinflusst
Krankheit wirkt auf nahezu jede Phase einer Mediation: auf das Tempo, auf die Belastbarkeit der Beteiligten, auf die Frage, wer hinzugezogen werden sollte, und auf die Gestaltung des Settings. Die Kernprinzipien der Mediation – Freiwilligkeit, Transparenz, Entscheidungsfähigkeit – müssen in gesundheitsbezogenen Konflikten besonders bewusst geprüft werden, weil Rollen und Verantwortlichkeiten häufig im Fluss sind.

Zugleich zeigte die Fortbildung, dass Mediator*innen hier oft stärker strukturgebend arbeiten müssen. Die Komplexität medizinischer, pflegerischer, rechtlicher und familiärer Aspekte macht es notwendig, Gesprächswege zu ordnen, Prioritäten herauszuarbeiten und Orientierung zu geben, ohne die Eigenverantwortung der Beteiligten zu unterschätzen.
2. Krankheit als subjektive Erfahrung – ein zentraler Zugang
Besonders wirksam ist es, „Krankheit“ bewusst als subjektives Erleben einzubringen. Diagnosen allein erklären wenig. Entscheidend ist, wie Krankheit Beziehungen beeinflusst, Handlungsfähigkeit verändert oder Bedürfnisse verschiebt. Diese Perspektivenerweiterung schafft Verständnis und ermöglicht neue Entscheidungen.
3. Warum Mediation in diesem Bereich so wirksam ist
Mediation in gesundheitsbezogenen Kontexten ist häufig besonders befriedigend – für Familien ebenso wie für externe Beteiligte aus Medizin, Pflege oder Beratung. Viele erleben eine deutliche Entlastung, wenn Sorgen, Erwartungen und Missverständnisse strukturiert ausgesprochen werden können.
Immer wieder stellt sich die Frage: Wie sollen Betroffene solche Situationen ohne externe Hilfe bewältigen?
Psychologische oder sozialpädagogische Angebote sind wertvoll, kommen aber oft zu spät oder greifen nur Teilbereiche auf. Mediation bietet hier etwas grundlegend anderes: einen geschützten Raum, in dem Beziehungen, Rollen und Entscheidungen gemeinsam sortiert werden können – ohne Therapieanspruch und ohne Schuldzuweisung.
4. Die WHO-Definition als Hinweis
Die WHO beschreibt Gesundheit als „Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens – nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“. Diese weite Definition macht deutlich, dass Gesundheit immer auch ein Beziehungsthema ist. Sie enthält damit – indirekt, aber klar – eine Einladung zur Mediation, wenn Belastungen gemeinsame Entscheidungen erschweren.


